Leuchs & Co. - Nürnberg Türkischrothfabrik - Statuten - Entwurf (Abschrift) |
|
Statuten der Actien-Türkischrothfabrik zu Nürnberg. (Entwurf.) |
|
--------------- | |
Bildung und Zwek der Gesellschaft. §. 1. Unter dem Namen "Actien-Türkischrothfabrik zu Nürnberg" wird eine Actiengesellschaft für das Färben und Druken von Türkischrothen Garnen und Zeugen errichtet, nach dem von Herrn Professor Leykauf erfundenen, und von demselben unter den im Prospektus angezeigten Bedingungen der Gesellschaft abgetretenen, neuen vortheilhaften Verfahren. §. 2. Das einzuzalende Kapital dieser Gesellschaft ist auf die Summe von 100.000 fl. festgesetzt, eingetheilt in 1000 Actien zu 100 fl., die auf den Inhaber lauten.
Rechte der Gesellschaft. §. 3. Die Gesellschaft tritt in den Besiz der zu errichtenden Fabrik, deren Zugehör und Privilegien, und genießt als solche die Rechte einer moralischen Person. §. 4. Sie wird durch ihre beiden Directoren, so wie durch den Gesellschaftsausschuß repräsentirt.
Rechte und Pflichten der einzelnen Gesellschaftsmitglieder. §. 5. Jeder Actieninhaber nimmt am Vermögen, am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nach Verhältniß der in seinem rechtmäßigen Besiz befindlichen Actiensumme Theil, und können an denselben keine diese Summe überschreitenden Ansprüche gemacht, noch weitere Rechte von ihm gefordert werden. §. 6. Die Actien werden dem Unterzeichner nach vollständig geleisteter Einzalung und gegen Rükgabe der für die theilweisen Einzalungen ausgegebenen Zwischenscheine abgeliefert, und von dem Tag der Ausfertigung an, mit 4 % verzinst. §. 7. Wer innerhalb des festgesetzten Termins die Einzalung nicht leistet, wird unter Festsezung einer Frist von jedesmal 4 Wochen zweimal dazu aufgefordert, und wenn er auch dann die Einzalung nicht leistet, aller Rechte und Ansprüche an die Gesellschaft, und der bereits gemachten Einzalungen verlustig. An die Stelle der auf solche Art erloschenen Actien werden neue ausgegeben und zum Besten der Gesellschaft verkauft. §. 8. In den Generalversammlungen hat der Besizer von 5 Actien 1 Stimme, von 10 Actien 2 Stimmen, von 15 : 3, von 20 : 4, von 25 . 5, von 30 : 6, von 50 : 7 Stimmen. Weder größerer Besiz noch Bevollmächtigung kann zu mehr als 7 Stimmen berechtigen. §. 9. Selbst durch die größte Stimmenmehrheit kann kein Mitglied zu neuen Zuschüssen gezwungen, oder am Bezug des jährlichen reinen Gewinnantheils gehindert werden.
Leitung der Fabrik. §. 10. Die Leitung der Fabrik ist zwei Directoren, welche allein im Besiz des Geheimnisses der Fabrikation sind, und deren Wahl dem Erfinder des Verfahrens, nach dessen Tode aber den Actionären zusteht, und einem von den Actionären zu wählenden Verwaltungsausschuß übergeben. §. 11. Den beiden Directoren steht zu: 1) Die allgemeine obere Leitung, und zwar dem Einen die des technischen, dem Andern die des finanziellen und merkantilischen Theils; 2) Der Abschluß aller Verträge und Geschäfte, so weit dabei nicht nach §. 23 der Verwaltungsausschuß mitzuwirken hat; 3) Die Wahl und Entlassung des Cassiers, der eine Caution von 7000 fl., die mit dem Wachsthum der Fabrik erhöht wird, zu leisten hat, und des Personals der Fabrik. 4) Sitz und Stimme im Verwaltungsausschuß. §. 12. Alle Verträge und Verbindlichkeiten der Gesellschaft müssen von beiden Directoren gemeinschaftlich unterzeichnet sein; doch kann der Eine den Andern oder auch einen Dritten zu bestimmten Geschäften bevollmächtigen. §. 13. Die Directoren sind der Gesellschaft verantwortlich, wenn sie den Statuten oder den besonderen Instructionen offenbar zuwider handeln. §. 14. Das Personal der Fabrik hat ohne Ausnahme Caution zu leisten, theils durch baare Hinterlegung von Geld, theils durch annehmbare Bürgschaft oder durch Deponirung von Salair, und erhält dagegen einen jährlich zu bestimmenden Gewinnantheil an dem Ertrag der Fabrik - um bei ordentlichem Betragen daürnder Versorgung und Erübrigungen für ihre Familien sicher zu sein. Den Betrag dieses Antheils bestimmt der Verwaltungs-Ausschuß auf Antrag der Directoren, und ist diese Bestimmung der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen. §. 15. Für Veruntreuungen, Vernachlässigungen und sonstige Versehen der Angestellten haftet ihr Depositum, und sind die Directoren der Gesellschaft dafür in keinem Fall verantwortlich. §. 16. Alle Anstellungen auf mehr als fünf Jahre, so wie alle Pensionirungen bedürfen der Genehmigung der Generalversammlung. §. 17. Der Verwaltungs-Ausschuß besteht aus neun Actionären, wovon 6, welche die meisten Stimmen haben, die thätigen Mitglieder bilden, die übrigen 3 Ersazmitglieder. §. 18. Bei jeder Sizung des Verwaltungs-Ausschusses müssen 5 Mitglieder anwesend sein, und sind im Verhinderungsfalle einer der 6 Mitglieder, Ersazmitglieder einzuberufen. §. 19. Jeder der Directoren muß wenigstens 50, jedes Mitglied des Verwaltungs-Ausschusses wenigstens 10 Actien besizen. §. 20. Lehnt ein Actionär die auf ihn gefallene Wahl ab, so tritt derjenige ein, der nach ihm die meisten Stimmen hat. §. 21. Actionäre, die zugleich im Dienste der Gesellschaft sind, können nicht Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses sein. §. 22. Der Verwaltungs-Ausschuß wählt jedes Jahr aus seinen Mitgliedern einen Vorstand und einen Stellvertreter desselben. §. 23. Dem Verwaltungs-Ausschuß steht zu: 1) Prüfung der Jahres-Rechnung vor der Vorlage derselben an die Generalversammlung. 2) Prüfung aller Verträge oder Unternehmungen, welche die Gesellschaft außergewöhnlich belasten. Alle unter diese Rubrik gehörigen sind ihm daher von den Directoren vorzulegen, und haben nur dann Gültigkeit, wenn er sie gut befunden hat. §. 24. Bei seinen Beschlüssen entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Sollte aber eine Stimmengleichheit stattfinden, so können die Directoren doppelte Stimmen in Anspruch nehmen. §. 25. Bei Differenzen zwischen dem Verwaltungs-Ausschuß und den Directoren findet die Berufung an eine Generalversammlung statt; solche, die hiefür zu unbedeutend sind, oder sogleich erledigt werden müssen, können durch Schiedsrichter nach beiderseitiger Wahl erledigt werden. §. 26. Jährlich legt ein thätiges Mitglied des Verwaltungs-Ausschusses seine Stelle nieder; anfangs nach dem Loos, später das am längsten im Ausschuß befindliche, oder von selbst zum Austritt geneigte, - und wird durch ein frisch gewähltes ersezt. Ausgetretene Mitglieder sind wieder wählbar. §. 27. Die Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses leisten ihre Dienste unentgeldlich, jedoch werden ihnen baare Auslagen, welche durch Geschäftsbesorgung entstehen, aus der Gesellschaftskasse, nach erfolgter Genehmigung des Ausschusses und der Directoren vergütet. §. 28. Die Directoren erhalten einen Gehalt, der von dem Verwaltungsausschuß nach Maßstab des jährlichen reinen Ertrags der Fabrik bestimmt, und von der Generalversammlung genehmigt wird. §. 29. Die Geschäfte der Fabrik sollen so einfach als möglich betrieben, die Lohnfärberei und Drukerei vorzugsweise berüksichtigt und die Versendung des Fabrikats im Einzelnen, so weit es angeht, wie bei den meisten engl. Fabriken, den Kaufleuten überlassen bleiben - ein an sich vortheilhaftes und in Nürnberg eher, als in jeder andern Stadt ausführbares System. §. 30. Fremde, welche sich mit den Repräsentanten der Gesellschaft in Verhandlungen einlassen, sind an die öffentlich bekannt gemachten Statuten gebunden, an die künftigen Beschlüsse und Instructionen aber nur so weit, als sie mit Genehmigung der königl. Regierung zur allgemeinen öffentlichen Kenntniß gebracht worden sind.
Generalversammlungen. §. 31. In jedem Jahr, und zwar in der Regel im Monat Februar, findet eine ordentliche Generalversammlung der Actionäre statt. Außerordentliche Versammlungen können so oft berufen werden, als es die Direction, oder 2/3 des Verwaltungsausschusses, oder 50 Actionäre, die zusammen wenigstens 200 Actien besizen, und ihren Wunsch dem Ausschusse zu erklären haben, verlangen. §. 32. Die Generalversammlungen müssen 14 Tage vorher ausgeschrieben werden, und bei den außerordentlichen muß zugleich der Zwek derselben in dem Einberufungsschreiben speziell ausgedrükt werden. §. 33. Gegenstände des Vortrags und der Berathung der Generalversammlung sind: 1) der Bericht über die Geschäftsführung. 2) Vorlage der Jahresrechnung. 3) Wahl des Verwaltungs-Ausschusses. 4) Anträge und Beschlüsse über den Geschäftsbetrieb. §. 34. Nur Actionäre oder deren Bevollmächtigte können, unter Vorzeigung der im Besiz habenden Actien, bei den Generalversammlungen erscheinen. §. 35. Die nicht erscheinenden und nicht vertretenen Mitglieder werden als der Mehrheit beistimmend angesehen. §. 36. Die Beschlüsse der Generalversammlungen sind nur dann gültig, wenn wenigstens 300 Actien vertreten sind.
Vertheilung des Gewinnes und Verlustes. §. 37. Von dem jährlich sich ergebenden Gewinn der Gesellschaft werden 1) die Actien mit 4 % verzinst. 2) der Überschuß a) nach Abzug von 10 % zum Reservefond und b) nach Abzug des für die Arbeitsleute und Angestellten bestimmten Gewinnantheils, unter sämmtliche Actionäre als Mehr-Dividende vertheilt.
Verwendung des Reservefonds. §. 38. Der Reservefond dient 1) zur Bezalung etwaiger Hypothek- oder laufenden Schulden der Gesellschaft. 2) zur Dekung für unvorherzusehende Unfälle. 3) wenn sich keine Verwendung in obiger Art finden sollte, zur Aufkaufung und Vernichtung von Aktien der Fabrik, welche Annullirung öffentlich bekannt gemacht wird.
Abänderung der Statuten. §. 39. Abänderungen der Statuten können nur dann vorgenommen werden, wenn sie den Actionären wenigstens 4 Wochen vorher schriftlich mitgetheilt wurden, und mehr als die Hälfte sämmtlicher Actienbesizer damit einverstanden ist.
Vorübergehende Bestimmungen. §. 40. Den beiden Directoren wird die Ausgabe der Actien nach anliegendem Formular, so wie die Einrichtung der Fabrik nach Inhalt der anliegenden Special-Vollmacht übertragen. §. 41. Eben denselben wird die nach Bestreitung aller Einrichtungskosten übrig bleibende Summe als Betriebsfond zugewiesen, so weit sie derselben, nach vorgängiger Berathung mit dem Ausschusse, bedürfen. §. 42. Die Direktion des chemischen Theils übernimmt für die nächsten Jahre der Erfinder des Verfahrens, Professor Thomas Leykauf; die Direktion des merkantilischen und finanziellen Theils der hiesige Kaufmann Johann Carl Leuchs. Beide verpflichten sich, die Direktion so lange zu führen, bis die Fabrik vollkommen eingerichtet und ihr Erfolg gesichert ist, wo dann die Direktion bei dem durch Rüktritt oder Todesfall erfolgten Austritt des einen oder beider, auf eine Person allein übertragen werden kann, welche der Ausschuß vorzuschlagen, die Generalversammlung zu genehmigen hat. Zugleich erklären dieselben, da sie des Ertrags der Fabrik gewiß sind, auf den in §. 28. bestimmten Gehalt so lange zu verzichten, bis die Fabrik über 4 Prozent trägt. |
|
--------------- | |
Zurück zur Türkischrothfabrik | |