Leuchs & Co. - Nürnberg
Türkischrothfabrik - Prospectus (Abschrift)
   
  Prospectus.
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So viele blühende Industriezweige Nürnberg auch schon hat, so fehlte es doch bis jezt noch an einem, der schon an sich, und besonders bei dem Verbrauch der hier und in der Umgegend statt findet, die größte Entwiklung erhalten könnte - und dem bereits so viele andere Städte, z. B. Basel, Elberfeld, Chemnitz, Mühlhausen ihren Wohlstand verdanken - nämlich die Erzeugung und weitere Verarbeitung der Gespinnste.

    Der Grund, warum sich keiner dieser mannigfaltigen Industriezweige hier entwikelte, lag wol früher in den hindernden Zunftgesetzen - später in dem Umstande, daß kein Unternehmen der Art mit genügenden Geldmitteln ausgeführt wurde.

    Gegenwärtig bietet sich eine nicht leicht in dieser Art wiederkehrende Gelegenheit dar, einen dieser Fabrikationszweige, und zwar den einträglichsten, hier einheimisch zu machen.

    Herr Thomas Leykauf, Professor der Chemie an der hiesigen Polytechnischen Schule, und unsern Mitbürgern bereits hinlänglich als Erfinder der hiesigen Ultramarinfabrik bekannt, hat durch vieljährige Versuche, die theils hier im Kleinen, theils in 4 auswärtigen Fabriken im Großen angestellt wurden, das Färben der Türkischrothen Garne und Zeuge so vereinfacht und vervollkommt, daß diese schwierige, bisher noch nirgends mit voller Sicherheit betriebene Fabrikation leicht, sicher, einfach und mit großer Ersparniß gegen das bisherige Verfahren ausgeführt werden kann.

    Der Verbrauch dieses Artikels innerhalb des Zollvereins ist ausserordentlich groß; dabei können die Engländer und Hindus schon seit langer Zeit weder an Schönheit noch im Preis mit den elberfelder und schweizer Fabriken concurriren, und gehen jährlich für Millionen dieses Fabrikats nach England und Ostindien.

    Keine Fabrikation kann daher auf größeren Absaz und keine bei der wolfeilen Production dieser Ware nach dem neuen Verfahren, auf größeren Gewinn rechnen.

    Hiezu kommt noch, daß sowol die Versendung der Ware, als der Bezug der dazu nöthigen Urstoffe (Baumwollengarn, Baumwollenzeuge, Krapp, Oel, Soda, Seife) durch den Kanal überaus begünstigt ist, während die anderen Fabriken, namentlich die schweizer und würtemberger, nicht blos durch ihr mangelhaftes Verfahren, sondern auch durch theure Landfrachten im Nachtheil stehen.

    Es war früher im Plan die neuen Verbesserungen den bereits bestehenden Fabriken mitzutheilen, aber theils erforderte die Einführung derselben in ihnen zu viel persönliche Mitwirkung und war zu gefährlich für die Geheimhaltung des Verfahrens, theils brachte der Gedanke, diesen wichtigen Gewerbszweig Nürnberg nicht zu entziehen, davon ab.

    Es wurde daher am zwekmäßigsten befunden, um die Sache gleich mit gehöriger Kraft zu betreiben, und an dem zu erwartenden großen Gewinn nicht einen Einzelnen, sondern Viele theilnehmen zu lassen, eine Fabrik auf Actien zu gründen. Die Bedingungen, unter welchen dis geschehen könnte, enthält der anliegende Entwurf der Statuten.

    Der Erfinder hat sich für den Fall, daß auf diese Art seiner Vaterstadt Nürnberg dieser Industriezweig gesichert wird, bereit erklärt:

       1) gegen eine Vergütung seiner bisherigen Auslagen, die in runder Summe auf 10.000 fl. anzuschlagen sind;

       2) gegen 300 Gratisactien die er erst in Anspruch nimmt, wenn die Fabrik eingerichtet ist und wenigstens

           4 Prozent abwirft; und

       3) gegen das Recht, die Directoren, welche allein in Besiz des Geheimnisses der Fabrikation kommen, zu

           ernennen;

das Geheimniß der Fabrikation zu überlassen, dasselbe praktisch in der Fabrik auszuführen, und zur Hebung aller, sich in technischer Hinsicht etwa darbietenden Schwierigkeiten mitzuwirken.

    Die Mäßigkeit dieser Bedingungen leuchtet von selbst ein, da die Baarzalung nur Vergütung schon gehabter Auslagen ist, die Gratisactien aber den Actionären kein baares Geld kosten - und für den Erfinder nur dann Werth haben, wenn die Sache, wovon übrigens die Gewißheit vorliegt, für die Actionäre nüzlich ist - und da durch Belege darzuthun ist, daß anderwärts ihm bereits ungleich größere Vortheile geboten sind.

    Sowie durch vorläufige Unterzeichnung 700 Actien abgesezt sind, werden die Statuten einer zu berufenden Versammlung der Actionäre, sowie der betreffenden Behörde zur Genehmigung vorgelegt.

    Ist letztere erfolgt, so beginnt eine Einzalung von 10 %; dann die weiteren Fristen von 1 - 2 Monaten, je nach dem Bedarf.

    Das Eingezalte wird, in so fern es nicht sogleich Verwendung findet, bei der Königl. Bank in Nürnberg deponirt.

    Zum Schlusse fügen wir noch die Versicherung bei, daß wir die feste Überzeugung haben, hier zu einer überaus vortheilhaften, einer großen Entwiklung fähigen Unternehmung, - die sich an Einträglichkeit an die der Nürnberg-Fürther Eisenbahn anreihen wird, aufzufordern, und bei den vielen Kapitalien, die jetzt zu einem geringen Zinsfuß angelegt sind, bei dem guten Sinne, mit dem die Einwohner Nürnbergs von jeher Unternehmungen unterstüzt haben, die zum Wol ihrer Stadt beitrugen, zweifeln wir nicht, daß die Unterzeichnung bald geschlossen sein wird.

    Nürnberg, am 30. September 1844

Joh. Carl Leuchs.     Thomas Leykauf.

   
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