Leuchs & Co. - Nürnberg Türkischrothfabrik - Statuten (Abschrift) |
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Statuten der Actien-Türkischrothfabrik zu Nürnberg. |
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Bildung und Zwek der Gesellschaft. §. 1. Unter dem Namen "Actien-Türkischroth-Fabrik zu Nürnberg" wird eine Actiengesellschaft mit einem Kapitale von fl. 100.000 errichtet, welche durch 1000 auf den Inhaber lautende Actien zu 100 Gulden jede aufgebracht werden. §. 2. Diese Gesellschaft bezwekt das Färben und Druken von türkischrothen Garnen und Zeugen nach einem von Herrn Professor Leykauf erfundenen, neuen, der Gesellschaft ausschließlich abzutretenden, vortheilhaften Verfahren, wofür ihm die Gesellschaft A. zur Entschädigung für die der Entdekung dieser Vortheile gebrachten Opfer eine Vergütung von 10.000 Gulden zuerkennt, wovon die Hälfte beim Beginn des Unternehmens, die andere Hälfte aber erst dann bezalt werden soll, wenn das Geschäft ein Resultat von mindestens 4 % per Jahr geliefert haben wird. B. 300 Gratis-Actien zugesteht, welche über die einzuzalenden 1000 Stük aber nur dann creiert werden, und in den Mitgenuß der Rente treten, sobald sich durch den Betrieb des Geschäftes ein jährlicher Gewinn von 6000 fl. herausstellt, womit nicht allein die zugesicherten 4 % Zinsen für die 1000 Stük zalbaren Actien, sondern auch für diese 300 Gratis-Actien gedekt werden können. C. die übernahme des Directoriums in Gemeinschaft mit dem hiesigen Kaufmann Hrn. J. C. Leuchs zugestanden hat, wogegen sich derselbe jedoch verpflichtet: a) alle Geheimnisse der Fabrikation, sowie das dabei zu beobachtende Verfahren und alle sich im Laufe der Zeit herausstellenden Verbesserungen für einen möglichen Todes- oder Rücktritts-Fall gewissenhaft zu Papier zu bringen, und gehörig versiegelt zu deponieren: b) die Fabrik einzurichten, sein Verfahren praktisch in derselben auszuführen, und zur Hebung aller sich in technischer Hinsicht etwa darbietenden Schwierigkeiten mitzuwirken.
Rechte der Gesellschaft. §. 3. Die Gesellschaft tritt in den Besiz der zu errichtenden Fabrik, deren Zugehör und Privilegien, und genießt als solche die Rechte einer moralischen Person. §. 4. Sie wird durch ihre beiden Directoren, so wie durch den Gesellschaftsausschuß repräsentirt.
Rechte und Pflichten der einzelnen Gesellschaftsmitglieder. §. 5. Jeder Actieninhaber nimmt am Vermögen, am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nach Verhältniß der in seinem rechtmäßigen Besiz befindlichen Actiensumme Theil, und können an denselben keine diese Summe überschreitenden Ansprüche gemacht, noch weitere Rechte von ihm gefordert werden. §. 6. Die Actien werden dem Unterzeichner nach vollständig geleisteter Einzalung und gegen Rükgabe der für die theilweisen Einzalungen ausgegebenen Zwischenscheine abgeliefert, und von dem Tag der Ausfertigung an, mit 4 % verzinst. §. 7. Wer innerhalb des festgesetzten Termins die Einzalung nicht leistet, wird unter Festsezung einer Frist von jedesmal 4 Wochen zweimal dazu aufgefordert, und wenn er auch dann die Einzalung nicht leistet, aller Rechte und Ansprüche an die Gesellschaft, und der bereits gemachten Einzalungen verlustig. An die Stelle der auf solche Art erloschenen Actien werden neue ausgegeben und zum Besten der Gesellschaft verkauft. §. 8. In den Generalversammlungen hat der Besizer von 5 Actien 1 Stimme, von 10 Actien 2 Stimmen, von 15 : 3, von 20 : 4, von 25 . 5, von 30 : 6, von 50 : 7 Stimmen. Weder größerer Besiz noch Bevollmächtigung kann zu mehr als 7 Stimmen berechtigen. §. 9. Selbst durch die größte Stimmenmehrheit kann kein Mitglied zu neuen Zuschüssen gezwungen, oder am Bezug des jährlichen reinen Gewinnantheils gehindert werden.
Leitung der Fabrik. §. 10. Die Leitung der Fabrik ist zwei Directoren, und einem Ausschuß anvertraut. §. 11. Den beiden Directoren steht zu: 1) Die allgemeine obere Leitung, und zwar dem Einen die des technischen, dem Andern die des finanziellen und merkantilischen Theils; 2) Der Abschluß aller Verträge und Geschäfte, so weit dabei nicht nach §. 23 der Verwaltungsausschuß mitzuwirken hat; 3) Die Wahl und Entlassung des Comptoir- sowol als Fabrik-Personals, unter Zustimmung des Ausschusses; 4) Sitz und Stimme im Verwaltungsausschuß. §. 12. Alle Verträge und Verbindlichkeiten der Gesellschaft müssen von beiden Directoren gemeinschaftlich unterzeichnet sein; doch kann der Eine den Andern oder auch einen Dritten zu bestimmten Geschäften bevollmächtigen. §. 13. Die Directoren sind der Gesellschaft verantwortlich, wenn sie den Statuten oder den besonderen Instructionen offenbar zuwider handeln. §. 14. Das Personal der Fabrik hat ohne Ausnahme Caution zu leisten, theils durch baare Hinterlegung von Geld, theils durch annehmbare Bürgschaft oder durch Deponirung von Salair. §. 15. Für Veruntreuungen, Vernachlässigungen und sonstige Versehen der Angestellten haftet ihr Depositum. §. 16. Alle Anstellungen auf mehr als fünf Jahre, so wie etwaige Pensionirungen bedürfen der Genehmigung der Generalversammlung. §. 17. Der Verwaltungs-Ausschuß besteht aus neun Actionären, wovon 5, welche die meisten Stimmen haben, die thätigen Mitglieder bilden, die übrigen 4 Ersazmitglieder. §. 18. Bei jeder Sizung des Verwaltungs-Ausschusses müssen 5 Mitglieder anwesend sein, und sind im Verhinderungsfalle eines derselben Ersazmitglieder einzuberufen. §. 19. Jeder der Directoren muß wenigstens 50, jedes Mitglied des Verwaltungs-Ausschusses wenigstens 10 Actien besizen. §. 20. Lehnt ein Actionär die auf ihn gefallene Wahl ab, so tritt derjenige ein, der nach ihm die meisten Stimmen hat. §. 21. Actionäre, die zugleich im Dienste der Gesellschaft sind, können nicht Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses sein. §. 22. Der Verwaltungs-Ausschuß wählt jedes Jahr aus seinen Mitgliedern einen Vorstand und einen Stellvertreter desselben. §. 23. Dem Verwaltungs-Ausschuß steht, ausser dem §. 11 erwähnten Zustimmungsrecht, noch zu: 1) Prüfung der Jahres-Rechnung vor der Vorlage derselben an die Generalversammlung. 2) Prüfung aller Verträge oder Unternehmungen, welche die Gesellschaft außergewöhnlich belasten. Alle unter diese Rubrik gehörigen sind ihm daher von den Directoren vorzulegen, und haben nur dann Gültigkeit, wenn er sie gut befunden hat. §. 24. Bei seinen Beschlüssen entscheidet die Mehrheit der Stimmen. §. 25. Bei Differenzen zwischen dem Verwaltungs-Ausschuß und den Directoren findet die Berufung an eine Generalversammlung statt; solche, die hiefür zu unbedeutend sind, oder sogleich erledigt werden müssen, können durch Schiedsrichter nach beiderseitiger Wahl erledigt werden. Ebenso sollen Streitigkeiten über Gesellschafts-Angelegenheiten - welcher Art sie auch sein mögen - wenn sie nicht in der Generalversammlung ihre befriedigende Lösung finden, an zwei Schiedsrichter verwiesen werden, wovon jede Parthei einen ernennt; vereinigen sich diese nicht, so erwählen solche einen Obmann, dessen Ausspruch für beide Theile bindende Kraft hat. Unterläßt eine Parthei, ihren Schiedsrichter nach empfangener Aufforderung zu ernennen, so wird derselbe auf Anrufen der Gesellschaft von dem hiesigen Handels- oder kgl. Kreis- und Stadtgerichte hiesigen Markantil-Friedens- u. Schiedsgericht ernannt, und eine diesers Behörden ebenfalls um Ernennung eines Obmannes ersucht, wenn beide Schiedsrichter sich über einen solchen nicht einigen können. Gegen den Ausspruch der Schiedsrichter kann keine weitere Berufung statt finden, und sämmtliche Intressenten verzichten nicht allein ausdrüklich auf Betretung des Rechtsweges, sondern begeben sich in allen Angelegenheitenund mit allen Beziehungen und Ansprüchen in Bezug auf die Gesellschaft unter den Ausspruch des Schiedsgericht. §. 26. Jährlich legt ein thätiges Mitglied des Verwaltungs-Ausschusses seine Stelle nieder; anfangs nach dem Loos, später das am längsten im Ausschuß befindliche, oder von selbst zum Austritt geneigte, - und wird durch ein frisch gewähltes ersezt. Ausgetretene Mitglieder sind wieder wählbar. §. 27. Die Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses leisten ihre Dienste unentgeldlich, jedoch werden ihnen baare Auslagen, welche durch Geschäftsbesorgung entstehen, aus der Gesellschaftskasse vergütet. §. 28. Die Directoren erhalten einen Gehalt, der von dem Verwaltungsausschuß nach Maßstab des jährlichen reinen Ertrags der Fabrik bestimmt, und von der Generalversammlung genehmigt wird. §. 29. Die Geschäfte der Fabrik sollen so einfach als möglich betrieben, die Lohnfärberei und Drukerei vorzugsweise berüksichtigt werden. §. 30. Fremde, welche sich mit den Repräsentanten der Gesellschaft in Verhandlungen einlassen, sind an die öffentlich bekannt gemachten Statuten gebunden, an die künftigen Beschlüsse und Instructionen aber nur so weit, als sie mit Genehmigung der königl. Regierung zur allgemeinen öffentlichen Kenntniß gebracht worden sind.
Generalversammlungen. §. 31. In jedem Jahr, und zwar in der Regel im Monat Februar, findet eine ordentliche Generalversammlung der Actionäre statt. Außerordentliche Versammlungen können so oft berufen werden, als es die Direction, oder 2/3 des Verwaltungsausschusses, oder 50 Actionäre, die zusammen wenigstens 200 Actien besizen, und ihren Wunsch dem Ausschusse zu erklären haben, verlangen. §. 32. Die Generalversammlungen müssen 14 Tage vorher ausgeschrieben werden, und bei den außerordentlichen muß zugleich der Zwek derselben in dem Einberufungsschreiben speziell ausgedrükt werden. §. 33. Gegenstände des Vortrags und der Berathung der Generalversammlung sind: 1) der Bericht über die Geschäftsführung. 2) Vorlage der Jahresrechnung. 3) Wahl des Verwaltungs-Ausschusses. 4) Anträge und Beschlüsse über den Geschäftsbetrieb. §. 34. Nur Actionäre oder deren Bevollmächtigte können, unter Vorzeigung der im Besiz habenden Actien, bei den Generalversammlungen erscheinen. §. 35. Die nicht erscheinenden und nicht vertretenen Mitglieder werden als der Mehrheit beistimmend angesehen. §. 36. Die Beschlüsse der Generalversammlungen sind nur dann gültig, wenn wenigstens die Hälfte der Actien vertreten sind ist.
Vertheilung des Gewinnes und Verlustes. §. 37. Von dem jährlich sich ergebenden Gewinn der Gesellschaft werden 1) die Actien mit 4 % verzinst. 2) der Überschuß nach Abzug von 10 % zum Reservefond unter sämtliche Actionäre als Mehr-Dividende vertheilt.
Verwendung des Reservefonds. §. 38. Der Reservefond dient 1) zur Bezalung etwaiger Hypothek- oder laufenden Schulden der Gesellschaft. 2) zur Dekung für unvorherzusehende Unfälle. 3) wenn sich keine Verwendung in obiger Art finden sollte, zur Aufkaufung und Vernichtung von Aktien der Fabrik, welche Annullirung öffentlich bekannt gemacht wird.
Abänderung der Statuten. §. 39. Abänderungen der Statuten können nur dann vorgenommen werden, wenn sie den Actionären wenigstens 4 Wochen vorher schriftlich mitgetheilt wurden und in der darauf zu veranstaltenden nach §. 36 constituirten Generalversammlung durch eine Majorität der Stimmen von zwei Drittheilen der anwesenden Aktionäre genehmigt werden u. die Bestätigung Seiner Majestät des Koenigs erhalten haben.
Auflösung der Gesellschaft und Liquidation. §. 40. Die Gesellschaft kann mit Majoritäts-Beschluß der Generalversammlung aufgelöst werden, sobald in 3 aufeinander folgenden Jahren in keinem derselben so viel verdient worden ist, daß der Nuzen die Unkosten und zugesicherten Zinsen von 4 % aus dem Capital dekt. In diesem Falle hat die General-Versammlung zu beschließen: a) ob der für Fortsezung des Geschäfts stimmenden Minorität die Liegenschaften, Maschinen, Geräthschaften und Fabrikations-Vorräthe um einen Werth überlassen werden sollen, der durch eine gleiche von beiden Theilen zu ernennende Zal von Experten ausgemittelt wird, oder b) ob das Etablissement im Ganzen oder im Einzelnen dem öffentlichen Verkaufe auszusezen sey. Der Beschluß für die Auflösung der Gesellschaft und den öffentlichen Verkauf des Etablissements hat die Ernennung einer besondern, mit gehöriger Instruktion zu versehenden Vollzugs-Commission zur unmittelbaren Folge. 3) Diese Commission hat in übereinstimmung mit ihrer Instruktion die Liquidation des ganzen Gesellschaftsvermögens zu besorgen, den Verkauf aller Liegenschaften und Fahrniße zu leiten, von Vierteljahr zu Vierteljahr öffentlich Rechenschafts-Bericht, unter Vorlage der nöthigen Nachweise darüber zu ertheilen, und die eingegangenen Summen - nach Abzug der etwaigen Passive und Liquidations-Kosten verhältnißmäßig (pro rata) unter die Actionäre zu vertheilen.
Vorübergehende Bestimmungen. §. 41. Den Directoren und dem Ausschuß wird die Ausgabe der Actien, der Ankauf der Lokalitäten und Grundstüke, der Bau, sowie die Einrichtung der Fabrik übertragen. §. 42. Den Directoren wird die nach Bestreitung aller Einrichtungskosten übrig bleibende Summe als Betriebsfond zugewiesen, so weit sie derselben, nach vorgängiger Berathung mit dem Ausschusse bedürfen. §. 43. Die Direktion des chemischen Theils übernimmt für die nächsten Jahre der Erfinder des Verfahrens, Professor Thomas Leykauf; die Direktion des merkantilen und finanziellen Theils, der hiesige Kaufmann Johann Carl Leuchs. Beide erklären so lange auf einen Gehalt zu verzichten, bis die Fabrik 4 % trägt, und jedenfalls die Leitung derselben so lange zu übernehmen, bis sie vollkommen eingerichtet und ihr Erfolg gesichert ist. Bei eintretender Veränderung soll der Ausschuß berechtigt sein, die nöthige Vorsorge zu treffen, und die Bestellung des Directoriums, unter Vorbehalt der Genehmigung der General-Versammlung anzuordnen. |
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