Herbst, Heinrich Friedrich Conrad - Bremen
Verhandlungen zwischen dem Senate und der Bürgerschaft vom Jahre 1891 - Abschrift
   
  Die Heinrich Friedrich Conrad Herbst betreffenden Passagen sind rot hervorgehoben!
   
  23. Juni 1891  Seite 423, 424, 425 - Mitteilung des Senats
   
                                Regulirung von Unser Liebenfrauen Kirchhof.
          Die Baudeputation hat einen Bericht, betreffend Regulirung des Unser Liebenfrauen Kirchhofs, eingereicht, welchen den Senat hierneben unter Vorbehalt seiner Erklärung der Bürgerschaft zur Beschlußnahme mitteilt, indem er bemerkt, daß die Erklärung der Finanzdeputation nachfolgen wird.
   
                                Bericht.
   
            Anläßlich eines Bauantrages von Friedrich Conrad Heinrich Herbst für einen Neubau auf dem Immobile an Unser Liebfrauen Kirchhof Nr. 17 wird die aus dem hierneben überreichten Lageplan vom 30. Mai 1891 (...) näher ersichtlichen Straßenregulirung vor den Häusern daselbst Nr. 17 bis 25 in Vorschlag gebracht, welcher zufolge die Straße bei 9 m Breite auf den Kirchhof vorgeschoben würde, den Anwohnern aber anschußweise das aus dem Riß näher ersichtliche Straßenterrain gegen die Verpflichtung abgetreten werden könnte, bis zur Aufstellung des Kaiser Wilhelm Denkmals, spätestens bis zum 1. Januar 1894, mit ihren Häusern einen außer dem Erdgeschoß mindestens zweistöckigen Umbau vorzunehmen, mit eleganter, dem Aussehen des freien Platzes entsprechender Facade, welche der Genehmigung der Baudeputation zu unterbreiten sein würde.
          Ein Abkommen dieser Art bedurfte aber der Zustimmung der Gemeinde von Unser Liebfrauen als Eigentümerin des Kirchhofes und der denselben umschließenden Straßen bis an die Häuser, und wurde in den darüber eröffneten Verhandlungen das Einverständnis der Gemeinde davon abhängig gemacht, daß der Staat das an die Kirche angebaute ehemalige Schulhaus Nr. 28, im Riß vom 13. Juni 1891 (...) mit g h i k bezeichnet, zum Abbruch ankaufe, um durch die Beseitigung dieses der Kirche und deren Umgebung zur Unzierde gereichenden Gebäudes den freien Platz mittels Hinzuziehung und Instandsetzung der Grundfläche zu erweitern, welcher andernfalls durch die vorgeschlagene Regulirung in unzulässiger Weise verkleinert werden würde. Nach längeren Verhandlungen ist auf dieser Grundlage mit der Gemeinde zu Unser Liebfrauen und zunächst mit den Eigentümern der Immobilien am Kirchhof Nr. 17, 21 bis 23 eine Verständigung vorbehältlich der Genehmigung des Senats und der Bürgerschaft unter den nachstehenden Bedingungen zu Stande gekommen, während die Anwohner Nr. 18 bis 20, 25 noch unschlüssig sind, ob sie unter den angebotenen Bedingungen auf den Neubau eingehen können;
   
                                I. mit der Gemeinde von Unser Liebfrauen.
   
            1) Die Grenzen des Kirchhofes werden nach Maßgabe der roten Linie des Lageplanes Anlage 2 begrenzt und alle Rechte der Gemeinde an dem den Kirchhof umschließenden Straßenterrain zwischen dieser Grenze und den anliegenden Häusern in der Ausdehnung zwischen Domshof und Sögestraße sowie weiter bis zur Obernstraße an den Staat abtreten; indessen mit dem seitens der Gemeinde gemachten Vorbehalt, daß an der von dieser, als Eigentümerin dieser Straße, bis dahin genossenen rechtlichen Befreiung von allen Kosten der Unterhaltung des Straßenpflasters durch die jetzige Übereinkunft nichts geändert werde; die durch diese Regulirung entstehenden Kosten der Um- und Neulegung von Trottoir und Straßenpflaster trägt der Staat;
            2) Unser Liebfrauen-Gemeinde übernimmt die Verpflichtung, bis zur Aufstellung des Kaiser Wilhelm-Denkmals, spätestens bis zum 1. Januar 1894, das ehemalige Schulgebäude auf dem Kirchhof Nr. 28 zu beseitigen, dessen Grundfläche sodann in einer dem umliegenden Platze entsprechenden Weise in Stand zu setzen und uneingefriedigt dem öffentlichen Verkehr für Fußgänger zu übergeben, welchemnächst die spätere Unterhaltung auch dieser Grundfläche nach Maßgabe des die Unterhaltung des ganzen Kirchhofes regelnden Vertrage vom 4. Juni 1879 (Verhdlg. S. 414) vom Staat übernommen wird;
            3) Sobald die Gemeinde den vorstehenden Verpflichtungen nachgekommen sein wird, bezahlt der Staat derselben als Entschädigung die Summe von M 45.000 und übernimmt die Kosten der Lassung für das an ihn übergehende Straßenareal.
   
                                II. mit den Anwohnern des Liebfrauenkirchhofes Nr. 17, 21 - 23.
   
            1) Dieselben übernehmen die Verpflichtung, wie angegeben, ihre Häuser umzubauen und den Umbau bis zur Aufstellung des Kaiser Wilhelm-Denkmals, spätestens bis zum 1. Januar 1894 zu vollenden, die Facaden der in die neue Straßenlinie vortretenden Frontmauern aber dem Ansehen des Platzes entsprechend herzustellen und der Genehmigung der Baudeputation zu unterbreiten; von den Kosten der durch diese Regulirung veranlaßten Um- und Neulegung von Trottoir und Straßenpflaster bleiben dieselben frei;
          2) dagegen überträgt der Staat an dieselben unentgeltlich anschußweise das im Riß näher bezeichnete Straßenareal, welches durch den Vertrag mit der Unser Liebfrauen-Gemeinde disponibel wird und den Erwerbern auf deren Kosten zu verlassen ist. 
   
            Hiernach entstehen durch diese Regulirung für den Staat die folgenden Kosten:
          1. Entschädigung an Unser Liebfrauen-Gemeinde im Belaufe von M 45.000,
          2. die Pflasterungskosten, welche zu M 7500 veranschlagt sind,
          3. die etwa M 200 betragenden Lassungskosten,
und ist dazu das Folgende zu bemerken:
          An eine Beseitigung des östlichen Schulhauses ohne Erstattung des vollen Wertes ist nicht zu denken, da die Gemeinde nicht in der Lage zu sein erklärt, darauf verzichten zu können. Das Schulhaus ergiebt nach der Auskunft der Bauherren bisher eine jährliche Miete von M 1800. Hiernach wird die nach langen Verhandlungen zugestandene Entschädigung von M 45.000 nicht als übertrieben hoch angesehen werden können. Von dem Kirchhof werden etwa 225 + 13 = 238 qm Grundfläche an den Staat abgetreten, die Grundfläche des Schulhauses ist etwa 99 qm groß, während das von diesem den Anwohnern zu überlassende Areal annähernd 180,30 qm Flächeninhalt hat; zur Abschrägung des Durchganges nach der Sögestraße hat Herbst an den Staat 3,60 qm abzutreten. Die Abtretung des den Kirchhof umschließenden Straßenareals zwischen der neuen Grenze desselben und den Mauern der angrenzenden Häuser, im Anschluß an die nächstgelegenen Straßenzüge sichert dem Staat die freie Hand bei späterhin daselbst etwa erforderlich werdenden Regulirungen. Daß dadurch ab der bisherigen Befreiung der Gemeinde von den Kosten zur Unterhaltung der Straße nichts zu deren Nachteil verändert werde, entspricht offenbar der Billigkeit und würde andernfalls das Zustandekommen der sehr wünschenswerten Abtretung aussichtslos sein.
          Die Anwohner haben nur durch die unentgeltliche Abtretung des vor ihren Häusern liegenden Terrains bewogen werden können, zum Um- oder Neubau ihrer mehr oder minder unansehnlichen Häuser zu schreiten, abgesehen von dem Immobile Nr. 17, dessen Eigentümer, Herbst, einen Bauantrag eingereicht hatte, aber nicht geneigt war, das vor demselben liegende Straßenterrain käuflich zu erwerben. Wäre diesem Bauantrag entsprechend die bisherige Straßenlinie beibehalten, so wäre damit der späteren Regulirung der ganzen Straßenstrecke bis zur Obernstraße in nicht wieder auszugleichender Weise präjudizirt. Durch die jetzige Regulirung und die Beseitigung des alten Schulhauses wird aber diese dem Kaiser Wilhelms-Platz zunächst liegende Seite des Kirchhofes und die Kirche selbst mit keineswegs unverhältnismäßig hohen Kosten in würdiger Weise verbessert. Die Baudeputation ist der Ansicht, daß die jetzige Gelegenheit dazu nicht unbenutzt bleiben solle, da andernfalls, ebensowenig wie der Bau von Herbst, etwa nachfolgende Bauten an der jetzigen Straßenlinie ververhindert werden können, eine Verschönerung des Platzes in jetzt vorgeschlagener Weise aber dann wohl für immer ausgeschlossen sein würde.
   
            Hiernach ersucht die Baudeputation
                    ihr die Ermächtigung zu erteilen, unter den näher angegebenen Bedingungen mit der Gemeinde von Unser          
                    Liebfrauen und den sämtlichen Anwohnern des Kirchhofes Nr. 17 - 25 definitiv abzuschließen, und die Kosten der
                    Entschädigung an die Gemeinde von Unser Liebfrauen mit M 45.000, die Pflasterkosten mit M 7500 und die
                    Lassungskosten mit M 200 unter Wegfall der Veräußerungsabgabe zu bewilligen, und zwar für das laufende
                    Budgetjahr die Pflaster- und Lassungskosten mit M 7700, den Rest auf das nächstfolgende Budgetjahr,
mit der Bitte um baldige Beschlußfassung wegen des Bauantrages von Herbst, welcher schleuniger Entscheidung bedarf.
Die Baudeputation.
(gez.) Hermann Gröning.          (gez.) Aug. Tebelmann.
   
   
  26. Juni 1891  Seite 482 - Mitteilung des Senats
   
                                Regulirung von Unser Liebfrauen Kirchhof.
   
            Die Finanzdeputation hat dem Senat berichtet, sie finde gegen die Bewilligung von M 7700 auf das diesjährige Budget in Anrechnung auf die für Nachbewilligung reservirte Summe von M 150.000 und gegen die Vorausbewilligung von M 45.000 auf das nächstjährige Budget ihrerseits nichts zu erinnern, während sie höherem Ermessen anheimstelle, ob die unentgeltliche Abtretung von Areal an die Anlieger notwendig sei.
   
   
  11. Juli 1891  Seite 529 - Beschluß der Bürgerschaft
   
                                Regulirung des u. l. Frauenkirchhofs.
   
            Die Bürgerschaft hat beschlossen:
          I. Die Baudeputation wird ermächtigt, den in der Mitteilung des Senats vom 23. Juni 1891, Seite 424 unter I. vorgeschlagenen Vertrag mit der Gemeinde von Unser Liebfrauen abzuschließen, jedoch mit folgenden Abänderungen:
          a) zu Ziffer 1: Die Grenzen des Kirchhofes werden thunlichst nach Maßgabe der roten Linie x y des anliegenden Planes   
              der bürgerschaftlichen Kommission vom 11. Juli 1891 begrenzt.
          b) zu Ziffer 2: Die Verpflichtung, das ehemalige Schulgebäude auf dem Kirchhofe No. 28 zu beseitigen, ist bis zum 1.
              Januar 1893 spätestens zu erfüllen.
          II. Der Antrag der Baudeputation, mit den Anwohnern des U. L. Frauenkirchhofs No. 17, 21 - 23 den auf Seite 424/425 der Mitteilungen des Senats vom 23. Juni 1891 näher dargelegten Vertrag abschließen zu dürfen, wird abgelehnt.
          III. Die Baudeputation wird ermächtigt, von dem Eigentümer des Immobile am U. L. Frauenkirchhof No. 17, F. H. C. Herbst, den in dem anliegenden Plane der bürgerschaftlichen Kommission vom 11. Juli 1891 mit a bezeichneten, grün schraffirten Teil des Immobile zu einem, ihr als angemessen erscheinenden Preise für den Staat anzukaufen. Den Betrag stellt die Bürgerschaft der Baudeputation zur Verfügung. Das angekaufte Areal soll zum Straßengrunde hinzugezogen werden.
          Für den Fall, daß ein freihändiger Ankauf des fraglichen Areals nicht gelingt, beschließt die Bürgerschaft, dasselbe und nötigenfalls das ganze Herbst'sche Immobile im Wege der Enteignung oder gemäß § 15 der Bauordnung zu erwerben, und ersucht den Senat, diesem Beschlusse beizutreten.
   
   
  29. September 1891  Seite 561 - Mitteilung des Senats
   
                                Regulirung des Unser Lieben Frauen Kirchhofs.
   
            Der Senat läßt hierneben der Bürgerschaft einen Bericht der Baudeputation, betreffend Regulirung des Unser Lieben Frauen Kirchhofs bezw. der Sögestraße, zugehen, desgleichen Bericht der Finanzdeputation. Zu letzterem ist zu bemerken, daß in der darin genannten Summe der im laufenden Rechnungsjahre beschlossenen Nachbewilligungen die laut Mitteilung vom 22. d. M. von der Baudeputation, Abteilung Wasserbau, beantragte Nachbewilligung von M 29.350 noch nicht enthalten ist.
          Den Anträgen der Baudeputation hat der Senat seine Zustimmung erteilt. Er ersucht die Bürgerschaft ihm hierin beizutreten.
          Er bemerkt dabei, daß gegen den Enteignungsplan, mit welchem in Gemäßheit des Enteignungsgesetzes verfahren ist, eine Einwendung nur von Seiten der Eigentümerin erhoben worden ist, welche im Fall der Verwendung des Grundstückes zu Straßenzwecken dieselbe zurückgezogen hat.
          Da die Genehmigungsfrist des Herms'schen Vertrages am 15. Oktober abläuft, erklärt der Senat den Gegenstand unter Bezug auf § 49 und 50 der Verfassung für dringlich.
   
  Bericht der Baudeputation.
   
            In Gemäßheit des Beschlusses der Bürgerschaft vom 11. Juli d. J. unter III hat sich die Baudeputation mit dem Eigentümer des Immobile am U. L. Frauen Kirchhof No. 17 F. H. C. Herbst in Verbindung gesetzt, um die von der Kommission der Bürgerschaft gewünschte Abschrägung oder nötigenfalls den Erwerb des ganzen Grundstücks zu erreichen.
          Die Unterhandlungen ergaben laut Anl. I eine Forderung von M 11.000 für die zur Abschrägung erforderlichen ca. 11 Quadratmeter.
          Bei der Verhandlung dieses Angebots in der Baudeputation machte sich die Ansicht geltend, daß die beabsichtigte Abschrägung als eine so geringe Verbesserung  im Verhältnis zu dem erforderlichen Geldopfer und den für die Dauer auf dem Spiel stehenden Verkehrsinteressen der ganzen Stadt zu betrachten sei, daß man zweckmäßiger Weise davon absehen und weiter gehen müsse.
          Die Sögestraße ist unsere direkteste Verkehrsader vom Zentrum der Stadt zur Vorstadt und namentlich auch zum Bahnhof.
          Bei den stets dort steigenden Grundwerten ist alles was dort geschieht von größtem Interesse für das ganze Publikum und begründet einen für lange Zeiten unabänderlichen Zustand. Der bis jetzt bewirkte Durchbruch nach dem U. L. Frauen Kirchhof genügt aber auch bei der bislang beabsichtigten Abschrägung dem Verkehrsbedürfnisse in keiner Weise, wenngleich er als eine bedeutende Verbesserung angesehen werden darf. Die Baudeputation beschloß deshalb in ihrer Mehrheit, zunächst das ganze Herbst'sche Grundstück entweder freihändig zu erwerben oder den Antrag auf Enteignung zu stellen. Da für das 1888, - allerdings vor Herstellung des Durchbruchs, - laut Anlage II auf M 19.500 taxirte Grundstück, welches jetzt nur aus einem Bauplatz besteht, M 75.000 gefordert wurden, ist letzterer Antrag gestellt und senatsseitig genehmigt.
          Bei der weitern Verhandlung konnte sich die Baudeputation in ihrer Mehrheit der Ansicht nicht verschließen, daß eine gründliche Abhülfe der noch jetzt vorhandenen Übelstände nur vermittels einer radikalen Erweiterung des Durchbruchs zum U. L. Frauen Kirchhof durch gleichzeitigen Erwerb des Immobile von Albert Herms, Sögestraße Nr. 1, sei es freihändig oder im Wege der Enteignung zu erreichen sein werde.
          Durch den Erwerb dieses Grundstücks würde nicht blos der von der Kommission der Bürgerschaft gerügte Übelstand, daß jetzt die Fuhrwerke, ohne sich vorher sehen zu können, sich durch zwei Windungen hindurchbewegen müssen, im wesentlichen gründlich beseitigt werden, sondern es wird auch der Eingang in die Fahrbahn der Hundestraße von der Sögestraße aus und in dieselbe völlig freigelegt werden.
          Dieser Vorteil ist nicht zu unterschätzen, wenn man bedenkt, daß der tägliche Verkehr zwischen Hunde- und Sögestraße laut den amtlichen Beobachtungen in circa 50 bis 60 Fuhrwerken, größtentheils Lastfuhrwerken, besteht, die den Verkehr in der Sögestraße zu Zeiten äußerst beengen.
          Durch diese Erweiterung des Durchbruchs würde mit gleichzeitiger Durchführung einer streng zu beobachtenden Fahrordnung bei der Aus- und Einfahrt allen billigen Ansprüchen für lange Zeit entsprochen werden.
          Die Polizeidirektion hat sich dieser Ansicht angeschlossen.
          Das Grundstück von Herms ist taxirt 1886 laut Anl. III vor dem Durchbruch auf M 52.600. Gekauft ist es 1873 zu M 46.500. Die Umbaukosten betrugen laut Aufgabe der Polizeidirektion 1886 M 21.000, zusammen M 67.500, so daß das Grundstück mit der weiteren inneren Ausstattung für den Eigentümer vor dem Durchbruch etwa einige M 70.000 gekostet haben wird.
          Die Forderung im freihändigen Verkauf beträgt laut Anl. IV M 100.000, frei von Kosten.
          Eine wesentliche Ermäßigung im Wege der Enteignung ist schwerlich zu erreichen. Nach allen Erfahrungen ist der Grundwert in der Sögestraße, trotz ihres kläglichen Ausgangs sozusagen täglich im Steigen begriffen, da das Angebot gegenüber der Nachfrage gering ist und für die Ladengeschäfte nicht genügt und wird man mit dieser Thatsache bei allen Verbesserungen derselben einmal zu rechnen haben.
          Außer den aufzuwendenden Grunderwerbskosten werden im Fall Erwerbs der beiden fraglichen Grundstücke Pflasterkosten im Betrage von circa M 3100 erforderlich sein.
          Man wird daher insgesamt mit der einigermaßen erschreckenden Aufwendung von circa M 150.000 zu rechnen haben.
          Trotzdem empfiehlt die Baudeputation in ihrer Mehrheit in diesem Falle die Bewilligung, indem sie davon ausgeht, daß für die Verbesserung dieser Hauptverkehrsader etwas Radikales geschehen muß, die Kosten sich später immer mehr vergrößert werden, der bereits gemachte Durchbruch sonst nicht den gewünschten Erfolg haben kann und eine andere Verbesserung nicht in Frage kommen kann.
          Als solche ist nur der Erwerb des von der Emde'schen Grundstücks Sögestraße Nr. 3 in der Baudeputation angeregt.
          Das von der Emde'sche Grundstück ist taxirt laut Anlage V zu M 82.500, würde jedoch jetzt nach erfolgter Freilegung mindestens ebenso viel kosten, wie das Herbst'sche und Herms'sche Grundstück zusammen.
          Außerdem würde aber laut Riß Anl. VI der Durchbruch beim Eingang in den U. L. Frauen Kirchhof nur eine Breite von ca. 14 m erhalten, gegen 22 m bei dem jetzigen Projekt. Es würde ferner weder die Hundestraße freigelegt werden, noch die Erleichterung des Verkehrs durch rechtzeitiges Erblicken der sich begegnenden Fuhrwerke in dem erwünschten Maße erreicht werden.
          Indem die Baudeputation noch bemerkt, daß Herbst im Enteignungsverfahren seine Forderung für die Abschrägung auf M 8000 ermäßigt hat, beantragt sie:
               1) Genehmigung der Enteignung des Grundstücks von H. F. C. Herbst, U. L. Frauen-Kirchhof No. 17;
               2) Genehmigung des Ankaufs des Grundstücks von A. Herms, Sögestraße No. 1, in Gemäßheit des Angebots Anl. IV   
                   zum Preise von M 100.000 frei von Kosten für den Veräußerer, eventuell Erwerb desselben mittelst Enteignung;
               3) Bewilligung von M 150.000 für den Erwerb der sub 1 und 2 bezeichneten Grundstücke und die erforderlich
                   werdenden Pflasterungs- und Lassungskosten.
(gez.) Plump.          (gez.) Aug. Tebelmann.       
   
   
  29. September 1891    Seite 563
   
  Anlage I.
                              Kaufkontrakt.
   
            Zwischen den Endesunterzeichneten, Herrn Heinrich Friedrich Conrad Herbst, als Verkäufer einerseits und der Baudeputation, Abteilung Hochbau, vertreten durch die Herren Senator Dr. Hermann Gröning und Johann Heinrich Kupsch, als Käuferin andererseits, ist folgender Kaufkontrakt verabredet und hierdurch förmlichst abgeschlossen worden.

                                                                                          Art. I.
          Herr Heinrich Friedrich Conrad Herbst verkauft hierdurch für sich und seine Erben an den Bremischen Staat, vertreten durch die Baudeputation, Abteilung Hochbau, den im amtlichen Situationsriß vom 11. Juli 1891 grün schraffirten Teil seines am Unser Lieben Frauen-Kirchhof Nr. 17 belegenen Immobiles mit Zubehör bis zu 12 qm Flächeninhalt in dem Zustande, worin sich dieses Immobile gegenwärtig befindet, und wie er, der Verkäufer, es rechtlich und faktisch besitzt, mit allen Lasten und Gerechtigkeiten, von außerordentlichen Lasten frei. Die Auffüllung des Areals bis zur Straßenhöhe hat der Verkäufer für seine eigene Rechnung zu bewirken.

                                                                                         Art. II.
          Eine spezielle Beschreibung des verkauften Grundstücks soll baldigst in vorschriftsmäßiger Weise von einem Vermessungsbeamten angefertigt und diesem Vertrage zum Grunde gelegt werden.

                                                                                         Art. III.
          Die Ablieferung des im Art. I bezeichneten Grundstücks an den Bremischen Staat erfolgt am Tage der gesicherten Lassung und hat derselbe auch von diesem Tage an die sämtlichen das Immobile betreffenden Lasten und Abgaben zu tragen.

                                                                                         Art. IV.
          Der Kaufpreis für den bis zu 12 qm Flächeninhalt abzutretenden Teil ist festgesetzt auf Elftausend Mark, welche Grundfläche später zur Verbreiterung der Straße herangezogen werden soll. Der Kaufpreis wird bei gesicherter Lassung baar ausbezahlt.
          Bis zur Berichtigung des Kaufpreises reservirt sich der Verkäufer das Eigentumsrecht.

                                                                                         Art. V.
          Dem Verkäufer, Herrn Herbst, wird das freie Ausgangsrecht nach beiden Straßen gewährt. Auch soll es demselben freistehen, als jederzeit widerrufliche Vergünstigung bis zu vier Lichtschächten nach näherer Anweisung der Polizeidirektion gegen eine jährliche, zuerst am 1. Oktober d. J. an das Generalsteueramt zuzahlenden Rekognitionsgebühr von Einer Mark für jeden dieser Lichtschächte, anzulegen. Die Kosten der erstmaligen, durch diese Grundabtretung erforderlich werdenden Pflasterung trägt der Staat.

                                                                                         Art. VI.
          Der Verkäufer verpflichtet sich das Immobile baldigst auf den Namen des Bremischen Staats abkündigen zu lassen und gerichtlich zu verlassen.
          Sämtliche Kosten dieser Übertragung bis zu Lassung, diese und die Staatsabgabe einschließlich, werden von Herrn Herbst und dem Bremischen Staate gemeinschaftlich, je zur Hälfte getragen.

                                                                                         Art. VII.
          Die definitive Genehmigung dieses Vertrages seitens des Senats und der Bürgerschaft wird vorbehalten.
          Dessen zur Urkunde haben Kontrahenten diesen Vertrag nach Durchlesung und Genehmigung des Inhalts eigenhändig unterschrieben.
          Bremen, den . Juli 1891.
                    (gez.) F. Herbst.                              (gez.) Die Baudeputation
                    (gez.) F. Herbst Ehefrau.                           (Abt. Hochbau).
   
   
  Aus Anlage II.
Das Anwesen Unser Lieben Frauen Kirchhof 17 von F. H. C. Herbst ist am 22. März 1888 geschätzt: Wohnhaus mit Windeerker und 3 massiven Ausluchten durch 2 resp. 3 Stock. Es hat 4 Stock und Keller. Höhe ca. 12,1 Meter, Breite 10,27 Meter, Tiefe 4,8 Meter. Die Bauart ist massiv, die Dachung mit Pfannen. Es ist über 100 Jahre alt. Der bauliche Zustand ist gut, die Beschaffenheit der Feuerungsanlagen ist gesetzlich. Der geschätzte Kapitalwert des ganzen Grundstücks beträgt 19.500 Mark, der geschätzte Bauwert der Gebäude 9.500 Mark
   
  Aus Anlage III.
Das Anwesen Sögestraße Nr. 1 von Alb. Herms ist am 19. Oktober 1886 geschätzt: Wohnhaus mit Einschluß des Lichthofes, 4 Stock, Keller und Mansarde. Höhe ca. 14,5 Meter, Breite 10,20 Meter, Tiefe 6,51 Meter. Die Bauart ist massiv, die Dachung mit Schiefer und Metall. Es ist 1886 erbaut, der bauliche Zustand ist gut, die Beschaffenheit der Feuerungsanlagen ist gesetzlich. Der geschätzte Kapitalwert des ganzen Grundstücks beträgt 52.500 Mark, der geschätzte Bauwert der Gebäude 25.000 Mark.
   
   
  29. September 1891    Seite 566
   
  Anlage IV.
   
            Hierdurch gebe ich Herrn C. F. W. Michaelis mein in hiesiger Altstadt, an der Sögestraße No. 1 belegenes Immobile, aus einem Wohnhause und Zubehör bestehend, unter nachfolgenden Bedingungen für den Bremischen Staat bis zum fünfzehnten Oktober 1891, Abends 8 Uhr, zum Kauf fest an Hand:
          a) Die Lieferung soll zu Ostern-Fahrnißzeit (27. April) 1892 erfolgen, von welchem Tage an alle Lasten und Abgaben auf den Käufer übergehen.
          b) Kaufpreis M 100.000, schreibe Hundert Tausend Mark, welcher am Lieferungstage, nach gesicherter Lassung, baar zu bezahlen ist. - Bis zur Zahlung reservire ich mir mein Eigentumsrecht.
          c) Die Feuerversicherung erhalte ich bis zur Lassung in Kraft und geht die Police dann unentgeltlich in den Kauf.
          d) Alle durch den Verkauf und Kauf entstehenden Kosten, als 1 ½ % Staatsabgabe, ½ % Courtage, Notariatskosten etc. hat der Käufer allein zu tragen.
          e) Es soll mir freistehen, das Immobile noch bis längstens Ostern-Fahrnißzeit 1893 gegen eine Verzinsung des Kaufpreises von vier Prozent p. a. in Benutzung behalten zu können.
          f) Ausgeschlossen vom Verkauf sind: der Küchenherd, Badeeinrichtung, sowie selbstredend Ladeneinrichtung.
          g) Zu der vorstehenden Anhandgabe bemerke ich ausdrücklich, daß ich mich zu einer Preisstellung von äußerst
M
100.000, nur entschlossen habe, um die für mich und mein Geschäft sehr aufregende Ungewißheit möglichst abzukürzen.
          Sollte dennoch staatsseitig die Expropriation beliebt werden, so reservire ich mir dafür hierdurch alle meine Rechte, insbesondere soll der oben gestellte Preis bezüglich der Höhe meiner in solchem Fall zu stellenden Forderung in keiner Weise präjudizirlich sein.
          Bremen, den 24. August 1891.                                                  (gez.) Alb. Herms.
   
   
  29. September 1891     Seite 568 - Bericht der Finanzdeputation
über die beantragten Bewilligungen der Baudeputation, Einnahmen, besonders die Einkommensteuer, Ausgaben, Nachbewilligungen usw. usf.
   
   
  7. Oktober 1891     Seite 604 - Beschluß der Bürgerschaft
   
                                Regulirung des U. L. Fr. Kirchhofs.
          Unter Bezugnahme auf ihren Beschluß vom 11. Juli d. J. lehnt die Bürgerschaft den weitergehenden Antrag der Baudeputation auf Enteignung der an der Sögestraße Nr. 1 und am U. L. Fr. Kirchhof Nr. 17 belegenen Immobilien ab. Eine Regulirung im Sinne ihres obenerwähnten Beschlusses erachtet sie auch jetzt als für den Verkehr genügend und sieht sie nunmehr weiterer Berichterstattung wegen der Regulirung des U. L. Fr. Kirchhofes entgegen.
   
   
  22. Dezember 1891     Seite 687 - Mitteilung des Senats
   
                                Regulirung von Unser Liebfrauen Kirchhof.
          Die Baudeputation hat den beifolgenden Bericht, betreffend Regulirung von Unser Liebfrauen Kirchhof, eingereicht. Der Senat läßt denselben unter Vorbehalt seiner Erklärung der Bürgerschaft zur Beschlußnahme zugehen, indem er bemerkt, daß die Finanzdeputation bei der beantragten Nachbewilligung nicht zu erinnern findet.

                              Bericht.
          Zum Beschluß der Bürgerschaft vom 11. Juli d. J. (Verhdlg. S. 529) erlaubt sich die Baudeputation zu berichten, ad I daß nunmehr mit der Gemeinde zu Unser Liebfrauen ein Abkommen abgeschlossen ist, welchem zufolge:
          1. die Grenze des Kirchhofs auf der Strecke zwischen der Obernstraße und dem Durchbruch nach der Sögestraße, wie aus dem hierneben überreichten Lageplan vom 11. September 1891 näher erhellt, annähernd der von der Bürgerschaft bezeichneten Linie entsprechend festgestellt ist, unter Berücksichtigung des Wunsches der Bauherren, die (innere) Reihe der dem Kirchhof zur Zierde gereichenden Bäume zu erhalten, und beträgt nach der neu vereinbarten Linie abc des Risses die auf der angegebenen Strecke vom Kirchhof zur Straßenverbreiterung abgetretene Fläche 257 qm gegen 227 qm, welche nach dem Bericht vom 23. Juni d. J. (Verhdlg. S. 423) zugestanden waren. Diese neue Straßenlinie ist als eine Verbesserung anzuerkennen und wird dem Platz zur Verschönerung gereichen, während die größere Straßenbreite dem Verkehr zu Gute kommt;
          2. nicht minder sind die Bauherren auf die von der Bürgerschaft gewünschte Beschränkung der Frist für die Beseitigung des ehemaligen Schulhauses auf dem Kirchhof Nr. 28 auf den 1. Januar 1893 (statt 1894) bereitwillig eingegangen.
          Ferner gestattet sich die Baudeputation ad III des angeführten Beschlusses der Bürgerschaft zu berichten, daß der erteilten Ermächtigung gemäß, sowie mit Genehmigung des Senats, der nach dem Beschluß zu erwerbende Teil des Immobiles am Unser Liebfrauen Kirchhof No. 17 von F. H. C. Herbst, der im Beschluß angegebenen Linie entsprechend, bereit am 26. Oktober 1891 zum Preise von M 9750 freihändig angekauft ist, womit zugleich die von Herbst erhobenen Schadensansprüche wegen verzögerter Bauerlaubnis vergleichsweise ihre Erledigung gefunden haben.
          Durch diese Veränderungen werden die Kosten der erforderlichen Neupflasterung, welche laut Bericht vom 23. Juni d. J. (Verhdlg. S. 425) M 7500 betrugen, dem Bericht des Bauinspektors Graepel zufolge auf M 10.300 erhöht, welche nebst den zu M 200 veranschlagten Lassungskosten nachzubewilligen sein werden.
          Die Baudeputation bittet, diese Nachbewilligung von M 10.500 unter Wegfall der Veräußerungsabgabe zu beschließen.

Die Baudeputation
(gez.) Hermann Gröning.          (gez.) Aug. Tebelmann.
   
   
  Quelle:
Verhandlungen zwischen dem Senate und der Bürgerschaft vom Jahre 1891, Bremen 1892 (online Staatsbibliothek Berlin)
   
  Zurück zur Firmengeschichte